Photovoltaikmodule an Fassaden generieren Solarstrom, der vor allem im Winter sehr wertvoll ist. Zudem überzeugen sie mittlerweile auch aus ästhetischer Sicht.
Die Fassade ist das Gesicht eines Gebäudes. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an die Ästhetik: Was nicht gut aussieht, wird nicht verbaut. Kein Wunder montierte man Photovoltaikmodule bisher auf dem Dach, wo sie kaum optischen Schaden anrichteten. Doch die unansehnlichen schwarz-blauen Elemente sind längst passé. Farbe und Form von PV-Modulen sind mittlerweile frei wählbar und bieten damit neue Gestaltungsmöglichkeiten. Aber warum sollte man überhaupt Photovoltaikpanels an der Fassade montieren? Erzeugen Module auf dem Dach nicht einen höheren Solarertrag?
Tatsächlich haben Aufdach-Module grundsätzlich einen besseren Wirkungsgrad als an der Fassade angebrachte Module. Bei gleicher Fläche liegt die Energieproduktion einer vertikalen Lösung (Fassade) rund 20 bis 30 Prozent tiefer als bei einer horizontalen (Dach). Das gilt aber nur für den Sommer. Im Winter generieren Fassadenmodule aufgrund des tieferen Sonnenstands mehr Energie. Das ist ein grosser Vorteil von Photovoltaik-Fassaden, denn Gebäude benötigen in der kalten Jahreszeit wegen der Wärmeversorgung am meisten Energie. Gerade für die Kombination von Photovoltaik mit einer Wärmepumpe ist eine möglichst hohe Winterstromproduktion sinnvoll. So lässt sich ein hoher Eigenverbrauchsanteil erreichen, was für den wirtschaftlichen Betrieb einer PV-Anlage entscheidend ist.
Photovoltaikanlagen an Fassaden sind nicht nur für die Eigentümerschaft vorteilhaft, sondern auch für das Schweizer Energiesystem als Ganzes. Dass die Fassaden-PV im Sommer etwas weniger liefert, ist angesichts der bereits heute entstehenden Solarstrom-Überschüsse verschmerzbar. Sehr wertvoll ist hingegen die Mehrproduktion im Winter, wenn der Verbrauch besonders hoch ist. Je mehr Gebäude ihre Wärmepumpe mit eigenem Solarstrom betreiben können, desto kleiner wird die Winterstromlücke.
Dass Photovoltaik immer häufiger in Fassaden integriert werden, hat wohl nicht allein mit energetischen Überlegungen zu tun, sondern auch mit einer verbesserten Ästhetik. In den letzten Jahren hat die technische Entwicklung dazu geführt, dass Solarmodule in (fast) allen Farben realisierbar sind. Der wesentlich grössere Gestaltungsspielraum hat die Akzeptanz bei den Architektinnen und Architekten deutlich erhöht. Sie schätzen es zudem, dass sich PV-Panels mittlerweile auch punkto Grösse und Form individualisieren lassen. Allerdings steigen die Kosten markant an, wenn man für eine Fassade unterschiedliche Modulformen und -grössen nutzt. Wer kosteneffizient bauen will, entscheidet sich bei der Solarfassade besser für eine Standardgrösse.
Die Farbe eines Photovoltaikpanels beeinflusst auch seinen Wirkungsgrad. Bei den schwarzen Standardmodulen erhöhte er sich innerhalb eines Jahrzehnts von 15 auf 20 Prozent – eine bemerkenswerte Steigerung. Bei anderen Farben liegt der Wirkungsgrad 5 bis 40 Prozent tiefer. Trotzdem haben farbige Panels ihre Berechtigung, denn sie ermöglichen die Nutzung von Fassaden, die sonst wegen optischer Vorbehalte energetisch inaktiv geblieben wären.
Von einem rein technischen Objekt wandeln sich Solarmodule also in ästhetische oder gar künstlerische Objekte. Photovoltaik als Kunstform liess sich beispielsweise in der 2021 durchgeführten Ausstellung «Watt is Art» besichtigen. Die solaren Kunstwerke lassen sich über eine virtuelle Tour noch immer bewundern. Auch das NEST-Gebäude der Empa erlebt seit letztem Herbst dank Solarkunst eine optische Aufwertung. Die Installation ist das Siegerprojekt eines interdisziplinären Wettbewerbs von Empa und Hochschule Luzern (HSLU).
Fachleute sind überzeugt, dass der Paradigmenwechsel vom Technik- zum Kunstobjekt die Akzeptanz von Fassaden-Photovoltaik weiter erhöht. So könnten sich auch Akteure überzeugen lassen, die bisher noch zögerten, auf Solarmodule an einer Fassade zu setzen. Davon würden die einzelnen Bauherrschaften ebenso profitieren wie die Energieversorgung insgesamt.